© Eduard Erhart 2024
Pulsing Touch Wahre Freude finden Mit Worten wie „es ist so schön, …“ können wir Sätze beginnen, die uns sehr direkt zu unserer Freude und damit zu unseren wahren Wünschen bringen. Mit solchen Sätzen können wir sehr effektiv freudvolle Vorstellungsbilder in uns erzeugen, die wir anhand der Qualität der Freude, die wir dabei fühlen, auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen können.  Die Wünsche, die wir finden, können allgemein und grundsätzlich sein, aber sie dürfen gerne auch konkret und vor allem auf jemanden bezogen sein. Wir brauchen das Verbundensein mit den Menschen, die uns umgeben, das Bezogensein auf die, die in unserem Leben gerade wirklich da sind, denen wir tatsächlich und alltäglich begegnen. Wir brauchen es, es macht unser grundlegendes Menschsein aus, dass wir Wünsche haben – und dass wir sie an diese Menschen richten – auch wenn sie uns noch so „unrealistisch“ und zu weitreichend erscheinen. Was wir allerdings nicht brauchen ist, dass die anderen sie uns unbedingt erfüllen! Denn unsere Wünsche sind in erster Linie unsere Lebenskraft, unsere Lebensfreude, die uns gehört, die uns ausmacht, so verrückt und wunschtraummäßig sie auch sein mögen. Wir ahnen so häufig nicht mal annähernd, was wir uns in Wahrheit alles wünschen, wonach wir uns tatsächlich sehnen, zu welcher Nähe zu anderen es uns wirklich zieht. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, mit Wünschen nach Nähe und zahllosen anderen Wünschen eher sparsam umzugehen, sie an die äußere „Realität“, wie wir sie wahrnehmen, anzupassen, dass wir das, was das Wahrste in uns ist, gar nicht mehr bemerken.  Dabei ist die grundlegende Voraussetzung dafür, gut mit sich selbst verbunden und dadurch in einer inneren Harmonie zu sein, zu wirklich allen Wünschen in uns, die sich wahr anfühlen, vollkommen ja zu sagen. Und damit sind wirklich alle Wünsche gemeint, nicht nur die, die sich in dem gerade vorhandenen persönlichen oder gesellschaftlichen Rahmen bewegen, auch die, die wir für „unerfüllbar“ halten, die wir gerne vor uns selbst verstecken, die wir deshalb nicht mal selbst (er-)kennen.  Und dann gehen wir noch einen Schritt weiter und gehen „zu allem Überfluss“ auch noch davon aus, dass die Menschen, an die sich unsere entgrenzten wahren Wünsche richten, nichts lieber als sie „eigentlich“ erfüllen möchten. Wir gehen einfach davon aus, dass unsere tiefste Freude genauso die tiefste Freude unseres Gegenübers ist, dass unsere wirklich wahren Wünsche „eigentlich“ auch die wirklich wahren Wünsche des anderen sind. Wenn er/sie trotzdem gerade jetzt nicht dieselben Wünsche haben sollte, dann können wir die Vorstellung etablieren, dass das alle möglichen wichtigen Gründe haben wird, nur nicht den, dass es nicht im anderen irgendwo, und wenn auch noch so sehr versteckt, einen verborgenen Winkel gibt, in dem genau dasselbe Herz schlägt, in dem in irgendeiner Weise ähnliche Wünsche zu Hause sind.  Denn unser Menschsein macht es aus, dass nur die Wünsche für uns selbst tatsächlich gut sein können, die es zugleich auch für die anderen sind. Unsere wahrhaftigsten, wirklichsten Wünsche sind niemals die, die andere schädigen oder ausnutzen möchten – es sind immer die, die andere lieben, sie achten und sich mit ihnen verbinden möchten. Die Art und Weisen, wie wir es bevorzugen und in der Lage sind, dieses Nah-Sein und Wertschätzen umzusetzen, mag sich von Mensch zu Mensch unterscheiden, doch die Freude an jeder einzelnen dieser Möglichkeiten können wir alle gemeinsam empfinden. Für die Faszination der Vielfalt unserer liebenden menschlichen Potentiale können wir uns alle öffnen.   Und wir können bei uns selbst auf die Suche gehen und die ganze Schönheit unserer eigenen unbegrenzten Wünsche wieder finden. Wir können neben all dem anderen dafür unsere Fähigkeit nutzen, unsere Gedanken mit unseren Gefühlen zu verbinden. Wir können Sätze nach den folgenden Mustern formulieren – und wir werden, wenn sie stimmig sind, die Freude, die mit unseren Wünschen verbunden ist, in uns fühlen.  „Es ist so schön, … zu …“ „Es ist so schön (zu …), dass … „ Ist jemand zum Beispiel auf mich wütend oder mir gegenüber schlecht gelaunt, könnte sich das so anhören: „Es ist so schön, von XY freundlich begrüßt / liebevoll behandelt zu werden“  Oder: „Es ist so schön, von XY seine/ihre Wünsche, die er/sie an mich hat, in einer vorwurffreien Weise zu hören.“  Oder: „Es ist so schön (zu sehen, davon auszugehen), dass XY sich ‚eigentlich‘ gerne über mich freuen möchte.“  Möchte jemand gerade mehr Abstand zu mir haben, als mir lieb ist, könnte sich das so anhören:  „Es ist so schön, mit diesem Menschen eine angenehme gemeinsame Zeit zu verbringen.“  Oder: „Es ist so schön, intensive Nähe zu diesem Menschen zu spüren.“ Erlebe ich mich gerade als völlig schlapp und kraftlos, könnte sich das wiederum so anhören: „Es ist so schön, in meinem ganzen Körper voller Kraft und kribbelnder Energie zu sein.“  Sehr wichtig ist es dabei, den Wunsch immer wie eine „Tatsache“ auszusprechen, die bereits eingetreten ist, die Sätze also so zu formulieren, dass das, was wir uns wünschen, bereits vorhanden ist. Auf keinen Fall darf es für uns nur wie ein „Wunschdenken“ sein, das eben leider gerade nicht oder womöglich nie Realität wird. Dafür ist es hilfreich, keine Worte wie „wenn, wäre, würde, könnte, sollte, hätte“ u.ä. zu verwenden, die die Erfüllung von dem, was wir uns wünschen, auch nur ein wenig in Frage stellen.  Und doch spielt es zugleich keine Rolle, ob wir das, was wir uns wünschen, tatsächlich je erreichen werden oder erreichen können, wie „realistisch“ also unsere Wünsche sind. Wir müssen uns nichts vormachen und nicht an etwas glauben, woran wir nicht wirklich glauben können. Entscheidend ist allein, dass die Wünsche für uns selbst wirklich stimmig sind, dass sie möglichst stark unserer innersten Wahrheit entsprechen, dass sie unsere wirklich wahrsten Wünsche und damit unsere tiefste Freude sind. Und die orientiert sich nicht an dem, wie unsere gesellschaftlichen oder persönlichen Gegebenheiten gerade sind. Sie hält sich einzig und allein an das, was unserem Menschsein in seiner tiefsten Wahrheit tatsächlich entspricht. Und hier können unsere Wünsche sehr groß, gigantisch, riesig, weitreichend, wie unendlich und scheinbar nie zu erfüllen sein. Was wir uns wirklich wünschen, sind nicht nur die kleineren und größeren Dinge, die alltäglich sind und in unserem gegenwärtigen Leben tatsächlich geschehen oder gut geschehen könnten, sondern ebenso die ganz großen, grenzenlosen Dinge, die weit über all das hinausgehen, was wir für möglich halten, die sich nicht an kulturelle, religiöse oder sonstige Beschränkungen halten. Wir wünschen uns nicht nur ein bisschen Liebe, ein bisschen Frieden, wir wünschen uns sehr viel Liebe und unendlichen Frieden. Wir wünschen uns alles so umfassend, wie es nur sein könnte. Wir müssen nur sehr ehrlich zu uns sein.  Dafür ist es jedoch so wichtig zu verstehen, dass unsere Wünsche in erster Linie dafür da sind, in uns zu leben, ihre Energie zu spüren, uns von ihnen erfüllen zu lassen und allein schon durch ihr Vorhandensein uns lebendig und kraftvoll zu fühlen. Sie sind der elementare Ausdruck unserer Lebensenergie und haben ein Ziel, aber nicht, egal was ist, es möglichst vollständig zu erreichen, sondern uns in unser immerwährendes inneres Strömen, in unser endloses Fließen zu bringen.  So brauchen wir nicht darauf zu warten, bis wir das ganz Große, das ganz Vollständige verwirklichen können, sondern können in jedem einzelnen Moment jede einzelne Kleinigkeit, die auch nur ein wenig in die Richtung der Erfüllung unserer Wünsche geht, dankbar annehmen und uns von ihr bereichern lassen. Nur die Bereitschaft, jederzeit jede sich bietende kleine und große Möglichkeit und Teilmöglichkeit zu ergreifen, für die Erfüllung unserer Wünsche im Außen zu gehen, entfaltet in uns die Fähigkeit, unsere Wünsche auch nur in unserem Inneren wie „erfüllt“ zu erleben, wenn die Welt die Erfüllung im Außen gerade tatsächlich verhindert.  Mit der Zusatzfrage, „was wäre für mich noch schöner als das, was ich (bis jetzt) gefunden habe?“, können wir in weiteren Schritten überprüfen, ob es noch echtere Wünsche, eine noch wahrere Freude hinter unseren Wünschen gibt, ob wir noch ein wenig tiefer gehen können.   Wenn ich zum Beispiel die Freude in mir gefunden habe, „es ist so schön, mich stark und ausgeglichen zu fühlen, weil ich meinen suchtartigen Impulsen widerstehen kann“, kann ich mit dieser Frage vielleicht etwas noch Freudigeres finden: „Es ist so schön, mich stark und ausgeglichen zu fühlen, weil ich mein süchtiges Verlangen weich werden lassen kann, weil ich die Wünsche, die dahinter stehen, in einer erfüllenden Weise fühlen kann.“ So kann sich die Idee vom Widerstehen-Können als ein weniger wahrer Wunsch erweisen als die Idee vom Erfüllung-Finden.  Eine weitere, ebenfalls sehr gute Frage, mit der wir eine sehr wichtige Stufe tiefer kommen können, ist:  „Was erfüllt sich dadurch für mich?“ („Was erfüllt sich für mich, wenn sich das, was ich mir wünsche, erfüllt?“)  Habe ich zum Beispiel den Wunsch in mir gefunden, „es ist so schön zu erleben, dass Menschen jeden Schmerz, der in ihnen aufkommt, gerne annehmen und als etwas Heilbringendes schätzen und nutzen können“, kann ich mit dieser Frage etwas noch Wahreres dahinter finden:  „Es erfüllt sich dadurch für mich – dass ich diese Menschen als authentisch erlebe und mich ihnen dadurch ganz nah und sehr verbunden fühle.“ Meine noch wahrere Freude lautet also: „Es ist so schön, mich Menschen in ihrem Kontakt mit ihren wahren schmerzhaften Gefühlen ganz nah und tief verbunden zu fühlen.“  Merke ich auf diese Weise, dass es mir eigentlich um die Nähe zu meinen Mitmenschen geht, kann ich durch das intensive Fühlen dieser Nähe sie bereits ein Stück weit in mir wahr werden lassen.  An diesem Punkt kann sich ein großer Frieden in uns einstellen, denn wir kommen von Dingen, die wir uns von anderen wünschen, zu solchen, die wir auch selbst tun können. Gerade „Nähe“ ist das, worum es im Letzten so häufig geht, was wir als eines unserer grundlegendsten Bedürfnisse in uns tragen. Und gerade „Nähe“ können wir selbst herstellen, können wir durch unser Sehnen und Bezogensein auf andere in uns entstehen lassen, ist nicht etwas, das nur davon abhängig ist, wie die anderen sich verhalten, was wir im Außen tatsächlich erleben.  Und wir können auch ahnen und daran glauben oder einfach davon ausgehen, dass das, was wir uns selbst im Tiefsten von anderen wünschen, in einer ähnlichen Weise bestimmt auch das ist, was diese sich im Tiefsten von uns wünschen. Wenn sie gerade nicht die Nähe zu uns haben möchten oder können, wie wir sie gerne hätten, wird dies an allen möglichen Gründen liegen, am wenigsten aber daran, dass sie – jenseits all der hindernden Umstände – im Grunde ihres Herzens nicht ebenfalls diese Nähe gerne haben würden. Es ist das wertvollste Geschenk, das uns diese Art von Selbstverbundenheit, von Verbundenheit mit unseren Wünschen zu geben vermag: Alle Wünsche, die (auch) an uns selbst gerichtet sind, erfüllen sich – wenn sie für uns wahr sind und wir sie intensiv und ohne (Selbst-)Anschuldigungen fühlen – sehr leicht und sehr vollkommen in uns selbst. Und: Jeden unserer essentiellen Wünsche können wir immer auch an uns selbst richten. Auch wenn andere nicht die Nähe eingehen, nicht die Kommunikation mit uns haben, die wir gerne mit ihnen hätten, können wir sie in uns und von uns aus mit ihnen haben. Auch wenn andere nicht die Rücksicht auf uns nehmen, nicht die Wertschätzung uns geben, die wir gerne von ihnen hätten, können wir sie in uns erleben, sie uns selbst geben – und sie so zumindest zu einer inneren und damit auch eher wahrscheinlich zu einer äußeren Wirklichkeit werden lassen. nach oben